Profi-Multieffektgerät zu erschwinglichem Preis

Im Sommer 2020 hat der japanische Hersteller Zoom sein neues Flaggschiff-Multieffektgerät präsentiert: Das Zoom G11 gibt es für aktuell rund 700 Euro im Handel und bietet neben zahlreichen Verstärkersimulationen und Effekten eine Bedienoberfläche mit großem Touchscreen, der Wischgesten und Drag-and-Drop unterstützt. Das G11 ist das bisher günstigste von uns vorgestellte Multieffektgerät im Profi-Bereich. Wir zeigen dir in unserem heutigen Erfahrungsbericht, was das Gerät im Floorboard-Stil kann, ob sich die Anschaffung für dich lohnt und welche eventuellen Abstriche sich durch den für ein Flagship günstigen Preis abzeichnen.

Funktionsumfang und technische Daten

Das Zoom G11 präsentiert sich in einem 49,5 x 25,3 × 6,4 cm großen Gehäuse aus Kunststoff und Metall und hat ein Gewicht von 2,8 kg. Das Gerät ist größtenteils in Schwarz gehalten und weist ein Muster aus diagonalen schwarz-grauen Streifen auf. Auf der Oberseite finden sich neben einem 5-Zoll-Touchscreen ein Verstärkerbedienfeld mit eigenem Display und sechs Drehreglern, ein Expression-Pedal, sechs rote Plastik-Fußschalter sowie fünf Effektsektionen mit jeweils einem Display, vier Drehreglern und einem Fußtaster aus Metall.

Unter der Haube operiert das G11 mit 32-Bit-Signalverarbeitung bei 44,1 kHz Samplingfrequenz, während AD/DA-Wandler mit 24 Bit zum Einsatz kommen. Die Signalkette besteht bei dem Multieffektgerät von Zoom aus einer Verstärkersimulation und bis zu neun gleichzeitigen Effekten. Abgerundet wird der Funktionsumfang durch einen Stereo-Looper mit bis zu fünf Minuten Aufnahmezeit. Außerdem bietet das Gerät einen Drumcomputer mit 68 unterschiedlichen Rhythmuspatterns.

Anschlüsse und Konnektivität

Mit einem Preis von etwa 700 Euro ist das Zoom G11 das mit Abstand günstigste Multieffektgerät im Profi-Segment, das wir bisher unter die Lupe genommen haben. Ein Blick auf die Stirnseite des G11 macht deutlich, dass im Vergleich zu den Mitbewerbern wohl vor allem bei den Anschlüssen gespart wurde, um diesen Preis für ein Flaggschiffmodell zu ermöglichen. So suchen wir beim Zoom G11 beispielsweise jegliche Art von XLR-Anschlüssen vergeblich. Bei den Eingängen musst du beim G11 mit einem einzigen Instrumenteneingang in Form einer großen Klinke sowie einem AUX-Eingang in Form einer kleinen Klinke auskommen.

Bei den Ausgängen kommt das G11 gleichfalls minimalistisch daher. Es steht hier lediglich ein Stereo-Ausgang mit zwei 6,3-mm-Klinkenanschlüssen für Links/Mono und Rechts zur Verfügung. Zusätzlich gibt es einen ebenfalls im Format einer großen Klinke gehaltenen Kopfhörerausgang. Für den Anschluss zusätzlicher externer Expression-Pedale steht auch nur ein einziger Anschluss bereit.

Besser sieht es dafür bei den FX Loops aus. Hier hast du jeweils zwei Send- und zwei Return-Anschlüsse, um andere Effektgeräte oder Verstärker in dein Setup einzubauen. Für MIDI-Konnektivität sorgen ein MIDI-Eingang und ein MIDI-Ausgang. Auf einen MIDI-Thru-Anschluss hat Zoom beim G11 verzichtet, was aber für die meisten Nutzer zu verschmerzen sein dürfte.

Per USB-C-Anschluss kann eine Verbindung zu einem PC oder Mac hergestellt werden, um mittels der kostenlosen Guitar-Lab-Software von Zoom das Gerät zu verwalten. Dieser Anschluss fungiert ebenfalls als USB-Audiointerface, das es dir erlaubt, direkt in eine Digital Audio Workstation deiner Wahl aufzunehmen. Praktischerweise liegt dem Gerät eine Lizenz für Cubase LE bereit, falls du in Sachen DAW bisher noch nicht versorgt bist. Über einen weiteren USB-B-Anschluss kannst du übrigens USB-Flash-Laufwerke anschließen, um die Firmware des Geräts zu aktualisieren oder neue IR-Dateien aufzuspielen.

Bluetooth-Konnektivität gibt es beim G11 theoretisch auch. Praktisch musst du dazu aber ein zusätzliches Funkmodul von Zoom (BTA-1) erwerben, das sich an der Stirnseite des Geräts anschließen lässt. Per Bluetooth kannst du dich dann mit iOS- oder iPadOS-Geräten verbinden und das G11 über die Guitar-Lab-App steuern.

Verstärkersimulationen und Effekte

Das G11 hat 24 Verstärkersimulationen und über 100 Effekte im Gepäck. Ganze 70 Cabinet-IRs sind auf dem Gerät bereits vorinstalliert und zusätzlich bietet es 130 weitere Speicherplätze für das Importieren von eigenen Impulse-Response-Dateien. Die Effektkette besteht beim G11 aus einem Verstärker und bis zu neun gleichzeitigen Effekten.

Zur Auswahl steht bei den Effekten unter anderem Folgendes:

  • 11 DYNAMICS-Effekte (z.B. Noisegate, Kompressor, Attack)
  • 16 Filter (z.B. Lowpass, Equalizer, Wah)
  • 28 Overdrive- und Distortion-Effekte (z.B. TS808, Metal Zone, DS-1, ProCo RAT, Sansamp, Darkglass Microtubes)
  • 26 Modulationseffekte (z.B. Phaser, Slicer, Vibrato, Pitch Shifter)
  • 4 Soundeffekte (Explosion, Auto-Panning, Looping, Sitar-Simulation)
  • 17 Delay-Effekte
  • 15 Reverb-Effekte

Auch bei den Verstärkersimulationen sind wieder einige beliebte Klassiker dabei, die bei Gitarristen und Bassisten seit Jahrzehnten hoch im Kurs stehen:

  • Marshall JCM800 2203
  • Fender '65 Twin Reverb
  • Fender '59 Bassman
  • Mesa Boogie Mark III
  • Bogner Ecstasy
  • Orange Graphic120
  • Diezel Herbert

Willst du dir vor dem Kauf schon einmal einen genauen Überblick über Effekte, Cabinets und Verstärker verschaffen, die beim G11 mit dabei sind, so kannst du dir die von Zoom angebotene Auflistung im PDF-Format angucken.

Neben den einzelnen Amps und Effekten bietet das G11 auch eine Auswahl an vorgefertigten Patches, mit denen du sofort losspielen kannst. Die Preset-Patches sind aufgeteilt in 25 Bänke mit jeweils vier Patches und bieten Sounds für verschiedenste Genres. Auch für die Patches stellt Zoom eine kleine Aufstellung im PDF-Format zur Verfügung, die du dir vorab online ansehen kannst.

Die Soundqualität des G11 ist unserer Meinung nach durchweg auf einem hohen Niveau, das alle bisherigen Multieffektgeräte von Zoom deutlich übertrifft. Gut gefällt uns beim G11 besonders das üppige Repertoire an IR-Dateien. Allerdings sind die deutlich teureren Flaggschiffmodelle von Mitbewerbern wie Line 6 und Kemper in unseren Ohren klanglich noch ein bisschen besser. Nichtsdestotrotz bekommst du beim Zoom G11 zu einem guten Preis einen sehr ordentlichen Klang, an dem im Grunde nichts auszusetzen ist.

Looper und Drumcomputer

Wie mittlerweile schon üblich für Multieffektgeräte hat auch das G11 neben seinen Verstärkersimulationen und Effekten ebenfalls einen Looper, Rhythmuspatterns und ein Stimmgerät integriert.

Der Looper des Zoom G11 bietet eine Loop-Phrasen-Länge von bis zu fünf Minuten. Aktivieren kannst du den Looper über den Homescreen des Touch-Displays. Im Looper-Modus kannst du die beiden ersten Fußschalter ganz unten links auf der Oberseite des Geräts zum Steuern verwenden. Der erste Button dient zum Starten von Wiedergabe und Aufnahme, während der zweite als Stopp-Button fungiert. Am Display lassen sich Tempo und Lautstärke des Loops regeln, außerdem können per Klick weitere Einstellung für das Loopen vorgenommen werden.

In den Einstellungen des Loopers kannst du beispielsweise festlegen, ob das Loopen vor oder nach den Effekten stattfinden soll. Ferner lässt sich die Undo-Funktionalität ein- und ausschalten und die Art des Stoppens für den Loop festlegen. Im INSTANT-Modus wird der Loop sofort beendet, wenn du auf den Stopp-Button drückst. Im FINISH-Modus wird der Loop erst nach Erreichen des eigentlichen Endes gestoppt, während im FADE-OUT-Modus vor dem Stoppen zuerst ausgeblendet wird.

Der Drumcomputer des G11 verfügt über eine Auswahl von 68 eingebauten Rhythmuspatterns, die für die meisten Geschmäcker etwas zu bieten haben dürfte. Ähnlich wie der Looper lässt sich der Drumcomputer über den Homescreen aufrufen. In der Drumcomputer-Ansicht kannst du nicht nur das zu spielende Pattern auswählen, sondern auch Tempo und Lautstärke des Patterns festlegen und ein Vorzählen an- und abschalten. Die verfügbaren Patterns kannst du übrigens auf Seite 66 des Handbuchs nachschlagen, das Zoom online zum Download anbietet.

Die Bedienung

Die Bedienung gefällt uns beim G11 ziemlich gut. Der große Touchscreen macht sich hier positiv bemerkbar, da er nicht nur gut ablesbar ist, sondern auch praktische Wischgesten und Drag-and-Drop-Funktionalität unterstützt. Eine tolle Idee von Zoom war es auch, ein Verstärkerbedienfeld in das Gerät einzubauen, das sehr an die Bedienung herkömmlicher physischer Verstärker erinnert. Über ein kleines Display wird hier der Name des gewählten Verstärkers angezeigt und mittels sechs Drehregler lassen sich Gain, Tiefen, Mitten, Höhen, Präsenz und Lautstärke regeln.

Fünf der neun gleichzeitig benutzbaren Effekte sind beim G11 durch eigene physische Bedienfelder repräsentiert. Jedes dieser Bedienfelder hat ein eigenes Display, das Kategorie und Name des Effekts sowie jeweils vier passende Parameter anzeigt, die sich über vier entsprechende Drehregler unterhalb des Displays anpassen lassen. Außerdem kann jeder der fünf Effekte per dediziertem Fußtaster aktiviert oder deaktiviert werden.

Neben dem integrierten Expression-Pedal des G11s und seiner Effekt-Fußschalter dürfen sich deine Füße bei diesem Gerät auch an sechs roten Buttons ganz unten auf der Oberfläche austoben. Über diese kannst du beispielsweise durch Bänke und Patches navigieren, das Stimmgerät aufrufen oder den Looper steuern. Das G11 lässt sich durch die zahlreichen fußgerechten Buttons recht angenehm im Stehen bedienen.

Nicht sehr begeistert hat uns beim G11 hingegen die äußerst lange Zeit, die nach dem Einschalten des Geräts vergeht, bis es für die Verwendung bereit ist. Das Hochfahren dauert bei der Konkurrenz oft nur 20 Sekunden, während du dich beim G11 etwa doppelt so lange gedulden musst.

Die Dokumentation des G11 ist dafür aber sehr vorbildlich. Zoom stellt nicht nur ein Handbuch mit über 100 Seiten zur Verfügung, sondern auch einen Quickstart-Guide, eine Liste aller Verstärker, Cabinets und Effekte, eine Patch-Übersicht und eine Tabelle mit allen mitgelieferten IR-Dateien.

Fazit

Das G11 ist ein sehr ordentliches Multieffektgerät für Profi- oder Semiprofi-Gitarristen. Auch für Bassisten gibt es beim G11 ein paar Verstärker und Effekte zu entdecken. Die Bedienung des Geräts gestaltet sich trotz zahlreicher Einstellungsmöglichkeiten simpel und leicht erlernbar. In Sachen Klang schlägt Zoom sein bisheriges Flaggschiff G5n um Längen, während es an die deutlich teurere Konkurrenz von Line 6, Kemper und Boss noch nicht ganz heranreicht. Negativ fiel uns beim G11 vor allem auf, dass es keinerlei XLR-Anschlüsse bietet und sich auch ansonsten anschlusstechnisch minimalistisch präsentiert.

Wenn Geld für dich kein großer Faktor ist, dann sind die Helix-Geräte von Line 6 oder das Kemper Profiler Stage wahrscheinlich eher empfehlenswert. Etwas teurer als das G11, aber noch in einer ähnlichen Preisklasse ist das GT-1000 von Boss, das du dir ebenfalls einmal anschauen könntest. Ist dein Budget begrenzt, dann ist das G11 von Zoom aber vermutlich genau das richtige Profi-Multieffektgerät für dich, denn für knapp 700 Euro ist das Preis-Leistungs-Verhältnis aktuell wohl unschlagbar.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen subjektiven Erfahrungsbericht. Wir haften nicht für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der angegebenen Informationen auf denen von uns verlinkten Seiten. Bestimmte Inhalte, die auf dieser Website angezeigt werden, stammen von Amazon. Diese Inhalte werden ‚wie besehen‘ bereitgestellt und können jederzeit geändert oder entfernt werden.

Autor: Gitarren-Effekte Team
Veröffentlicht am: 29.01.2022
Zuletzt aktualisiert: 13.02.2022

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